Yury Kryuchkov

Wissenschaftlicher Werdegang

Yury Kryuchkov promoviert seit April 2023 an der Universität Konstanz. Seine Forschung konzentriert sich auf das komplexe Thema der Beziehungen und Identitäten der ukrainischen und russischen Emigration in der Tschechoslowakei während der Zwischenkriegszeit. Dabei untersucht er die Migrationspolitik der tschechoslowakischen Regierung, die internationale und interne politische Agenda sowie den Alltag und die Arbeit der Emigranten in Prag und anderen Großstädten der Tschechoslowakei. Yury Kryuchkov wird von Prof. Dr. Pavel Kolář und Prof. Dr. Tomáš Glanz betreut.

Im Jahr 2018 schloss Yury sein Bachelorstudium in Linguistik an der Nordkaukasischen Föderalen Universität ab. Anschließend setzte er sein Studium im Master-Doppelstudiengang Osteuropa: Geschichte - Medien an der Universität Konstanz und der Russischen Staatlichen Universität für Geisteswissenschaften fort. In seiner Masterarbeit untersuchte er den Energiedialog der UdSSR mit Westdeutschland und Österreich in den 1960er bis 1970er Jahren. Dabei verglich er die zwischenstaatlichen Beziehungen und zeigte die Rolle der transnationalen Kontakte westdeutscher und österreichischer Energiekonzerne mit Vertretern der sowjetischen Energie- und Außenhandelsabteilungen bei der Entwicklung der Energiepartnerschaft der UdSSR mit Westdeutschland und Österreich auf.

Kontakt: yury.kryuchkov@uni-konstanz.de

Interessen

– Flucht- und Exilgeschichte des 20. Jahrhunderts

– Migrationsgeschichte

– Vergleichende und transnationale Geschichte des 20. Jahrhunderts

– Nationsbildung, Identität

Dissertationsprojekt

"Kampf um nationale Identität: ukrainische und russische Emigration in der Tschechoslowakei der Zwischenkriegszeit"

Das Forschungsprojekt taucht tief in die Geschichte der ukrainischen und russischen Emigranten sowie der Flüchtlingshilfsorganisationen ein, die sich in der Tschechoslowakei während der turbulenten Jahre der 1920er- und 1930er-Jahre befanden. Es setzt diese Aktivitäten in einen umfassenden theoretischen und methodischen Rahmen, der die Komplexität der nationalstaatlichen Flüchtlingspolitik sowie die Konzepte von Ethnizität, Nationalität und Staatsbürgerschaft beleuchtet.

Ein zentrales Ziel besteht darin, die aktive Rolle ukrainischer und russischer Emigranten in diesem Kontext zu betonen. Statt passive Objekte tschechoslowakischer Flüchtlingspolitik zu sein, zeigten diese Gruppen eine bemerkenswerte Aktivität auf internationaler Ebene. Besonders faszinierend sind die Debatten über den nationalen Status in den Nansen-Pässen, die verdeutlichen, wie Emigranten ihre eigene Agenda vorantrieben und nicht nur von politischen Diskussionen beeinflusst wurden.

Die Untersuchung umfasst auch die Vielfalt politischer und sozialer Gruppen innerhalb der ukrainischen und russischen Emigranten. Besonderes Augenmerk liegt auf der Entwicklung des Verständnisses von Zugehörigkeit zu Nation, Ethnos, Staat und Kultur innerhalb dieser Gruppen im Kontext des Lebens im Exil und des Kampfes um internationale Anerkennung. Interessanterweise zeigt die Analyse der Kosaken-Emigrantenorganisationen, dass die Dichotomie zwischen "ukrainisch" und "russisch" nicht immer klar definiert war. Die Polemik zwischen verschiedenen Fraktionen – Ukrainophilen, Russophilen und Befürwortern eines separaten kosakischen Ethnos –  illustriert die komplexe Vielfalt von Vorstellungen über Nation, Ethnos und Staat, wobei Identitäten oft nahtlos ineinander übergehen.

Vorträge

SoSe 2023: Deutsch-Schweizerischer Studientag für Osteuropäische Geschichte im Studienhaus Wiesneck (Präsentation des Forschungsprojekts)