Aktuelle Monographien und Herausgeberschaften

Jurij Murašov

Das elektrifizierte Wort.
Das Radio in der sowjetischen Kultur der 1920er und 30er Jahre.

Paderborn: Wilhelm Fink/Brill  2021

McLuhans Ausspruch »The medium is the message« gilt in besonderer Weise für das Radio der Sowjetzeit. Indem es Inhalte einem massenhaften Publikum in akustischer Form vermittelt, wird das Radio zum revolutionären Medium, das bürgerliche Wissensformen der Buchkultur zugunsten eines sowjetischen, utopischen Weltverstehens zu überwinden verspricht. Die medienhistorische Studie zeigt auf, wie in den 1920er Jahren die Radiophonie bildungspolitische und künstlerische Visionen freisetzt. Diese verdichten sich mit dem massenmedialen Aufstieg des Radios in den 30er Jahren zu einer Poetik des Akusmatischen, die alle Bereiche der Kultur durchdringt. Sie manifestiert sich im sozialistischen Realismus der optimistischen Literatur und Kunst und prägt das familiale Verständnis von politischer Macht. Schließlich wirkt sie hinein bis in den diskursiven Innenbereich wissenschaftlicher Disziplinen – Linguistik, Recht, Physiologie, Biologie, Ökonomie – und lässt eine sowjetische Wissenschaft entstehen.


Jurij Murašov,  Davor Beganović, Andrea Lešic (eds.)

Cultures of Economy in South-Eastern Europe.
Spotlights and Perspectives

The ubiquitous »cultural turn« of the 1990s did not spare the thinkers of economics – however, at the same time, economic topics have gained a new importance in cultural studies. This volume focuses on cultures of economy in regions of former Yugoslavia as part of South-Eastern Europe, supported by theoretical perspectives. It examines narratives and poetics of economy in literature, film, and art, as well as in public discourse. The contributors spotlight different historical periods: the late 19th and the early 20th centuries, Socialist Yugoslavia and the transitional and neoliberal period since the 1990s.


Cover Lager und Literatur. Zeugnisse des Gulag
©Konstanz University Press

Renate Lachmann

Lager und Literatur. Zeugnisse des Gulag.

Wallstein Verlag als Imprint von Kostanz University Press 2019.

"Die einschneidendste Erfahrung, die aus den Lagerberichten der Gulag-Opfer spricht, ist die Entstellung des vertrauten humanistischen Menschenbilds.

Die historische Aufarbeitung des Gulag-Geschehens setzte mit den Aktivitäten der Menschenrechtsorganisation »Memorial« ein. Ihrer Arbeit gingen die in Form von Autobiographie, Tagebuch und Erzählung verfassten Lagerberichte voraus, die bereits in den 60er und 70er Jahren publiziert wurden. Allein diese Texte der Überlebenden berichten über die Bedingungen in den Lagern, deren Aussehen und Anlage, über die Arbeitsabläufe und das Zusammenleben der Inhaftierten. Die Diskrepanz zwischen Erleben und Beschreiben, zwischen der Ungeheuerlichkeit des Geschehens und dem Willen, es in Sprache zu fassen, bestimmen ihren Duktus. Wie vermag sich die erinnerte Erfahrung im Nachhinein in einer neuen Gegenwart, der Gegenwart des Schreibens, darzustellen? Die Gulag-Texte unternehmen den Versuch, ein Wissen über den Menschen aufzudecken, das das Lager »offenbart« hat, und zugleich den Schock über die Erkenntnis zu vermitteln, dass das, was als menschlich galt, entweder in eine Vorlagerzeit gehört oder niemals seinem wirklichen Wesen entsprochen hat.
Renate Lachmann geht es in ihren Analysen um eine Poetologie der Lagerliteratur. Sie bestimmt die formalen Prinzipien, deren sich die Verfasser bei der »Übersetzung« ihrer erinnerten Erfahrung physischer und psychischer Bedrohung in lesbare Texte bedient haben: die Wahl der Gattung, des Stils, das Verhältnis von faktographischen und fiktionalen Elementen. Das Buch ist ein Grundlagenwerk, dem es gelingt, zwischen dem Literarischen und dem Dokumentarischen der Lagertexte eine Balance zu wahren. Für das Verständnis der Lager und der durch sie aufgeworfenen radikalen Fragen ist es von entscheidender Bedeutung."


Cover Das unheimliche Auge der Schrift. Mediologische Analysen zu Literatur, Film und Kunst in Russland
©Fink Verlag

Jurij Murašov

Das unheimliche Auge der Schrift. Mediologische Analysen zu Literatur, Film und Kunst in Russland

Paderborn: Wilhelm Fink 2016.

Ausgehend von literarischen Texten Nikolaj Gogols, Fedor Dostojevskijs, Lev Tolstojs und Anton Čechovs werden Grundzüge einer Poetik des Sehens in der russischen Kultur rekonstruiert und bis in den Film, die Literatur und Kunst der sowjetischen und postsowjetischen Moderne weiterverfolgt. Mediologische Einzelstudien untersuchen die Literatur als Ort, an dem die russische Kultur jene heiklen Effekte der Abstraktion und Differenz erzählerisch bewältigt, die durch die Visualisierung der Sprache durch Schrift und Typographie hervorgebracht werden. Als ein Beitrag zu einer russischen Kulturgeschichte des Sehens gewähren diese literarischen Poetiken Einblicke in die historische Dynamik von diskursiven Logiken (Liebe, Recht, Macht) und deren Darstellungsweisen in Film, Theater und bildender Kunst bis in die sowjetische und nachsowjetische Zeit.


Cover Science or Fiction. Stanislaw Lems Philosophie der Wissenschaft und Technik
©Fink Verlag

Jurij Murašov, Sylwia Werner (Hg.)

Science or Fiction. Stanislaw Lems Philosophie der Wissenschaft und Technik

Paderborn: Wilhelm Fink 2017.

Stanislaw Lem ist vor allem als Science-Fiction-Autor bekannt. Sein Werk ist jedoch sehr vielgestaltig und lässt sich nicht eindeutig einer Gattung zuordnen. Literatur, Wissenschaft und Philosophie verbindend, spielte Lem häufig mit den literarischen Konventionen. Seine Romane, Erzählungen und Essays zielen weniger darauf ab, die Leser mit dystopischen Zukunftsszenarien zu fesseln, sondern sie versuchen Wirkungszusammenhänge zwischen Kultur, Technik und Wissenschaft in Gedankenexperimenten auszuloten und die Auseinandersetzung mit fremden Zivilisationen exemplarisch durchzuspielen. Die in diesem Band versammelten Aufsätze fragen daher nach den möglichen Konnotationen zwischen Lems Erzählprinzipien und den wissenschaftlichen Konzeptionen, die in diesen Texten verhandelt werden.


Cover Der Elektrifizierungsroman Andrej Platonovs. Versuch einer Rekonstruktion
©Böhlau Verlag

Konstantin Kaminskij

Der Elektrifizierungsroman Andrej Platonovs. Versuch einer Rekonstruktion

Wien, Köln: Böhlau 2016.

Osteuropa medial Band 8

 1921 formulierte der angehende Journalist und Elektrotechniker Andrej Platonov das ehrgeizige Programm, den Verlauf des Staatlichen Elektrifizierungsplans der sowjetischen Regierung in künstlerischer Prosa zu dokumentieren. Erstmals versucht Konstantin Kaminskij in seinem Buch, das über ein Jahrzehnt verfolgte Romanvorhaben aus den im Werk des Schriftstellers zerstreuten Erzählungen und Fragmenten zu rekonstruieren. Dabei tritt das unschätzbare Kompendium wissens-, technik-, und wirtschaftshistorischer Narrative aus der ideologischen Antike der Energiewende zutage, das Platonov in seinem Bemühen um eine innovative Romanform konserviert hat.